Samstag, 19. November 2011

Übersehene Taktik

Die unten stehende Diagrammstellung aus der Partie Schiffers-Chigorin (St. Petersburg 1897) passt zum Beitrag über den Film "Night moves" (Partie Emmrich-Moritz). Auch hier wird eine schöne taktische Möglichkeit verpasst. Chigorin verlor seine Dame früh, kam aber in der Folge zu sehr gutem Figurenspiel. Als letzten Zug spielte Schiffers 24.De3xa7??.






Was ist hier zu tun?

Chigorin spielte 24.- b6 und die Partie endete remis.










Stattdessen hätte er mit 24.- Th1+!! ein Matt in 6 ankündigen können. Nach 25.Sxh1 Lh2+!! 26.Kxh2 Th1+ 27.Lh6 Txh6+ 28.Kg3 Sf5+ 29.Kf4 Th4# wäre das Matt nicht zu vermeiden gewesen:









Chigorin wird sich geärgert haben, dass er diese forcierte taktische Folge übersehen hat. Selbst für Meister ist ein solches Matt in der Brettmitte zu ungewöhnlich, um es auf den ersten Blick in Betracht zu ziehen.




Interessanterweise wird auf dem Taktikserver chesstempo.com das Finden des Matts einem Spieler mit ELO 1870 zugetraut. Ein bisschen tiefgestapelt, wie mir scheint.




Chigorins beste historische ELO-Zahl lag bei 2797 im Jahr 1895.




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Mittwoch, 28. September 2011

Schach im Film ‒ "Night Moves" (Alan Sharp/Arthur Penn)

Der Film "Night Moves" (1975) von Arthur Penn, basierend auf dem Roman von Alan Sharp, der auch das Drehbuch schrieb, handelt um den Privatdetektiv Harry Moseby (Gene Hackman), der die ausgebüchste Tochter einer ehemaligen Schauspielerin finden soll. Dabei kommt er einer größeren Sache auf die Spur ...

Moseby hat ein kleines Taschenschachspiel, auf dem er in einer Szene eine Partie nachspielt. Die Stellung ist aus Emmrich - Moritz (Bad Oeynhausen 1922).





Schwarz am Zug hätte jetzt gewinnen können mit 26.- Dxh2+!! 27.Kxh2 Sg4+ 28.Kg1 Sh3+ 29.Kf1 Sh2# (stattdessen spielte Schwarz 26.- Ld5 27.cxd5 Sh3+ 28.Kf1 und gab auf).








(Die Stellung im Film scheint, was den Damenflügel angeht, falsch aufgebaut zu sein.)

Auf Moseby macht die Partie einen großen Eindruck. Er sieht darin Parallelen zu seinem eigenen Leben. Ungenutzte Chancen, die nicht wiederkommen und einen ein Leben lang verfolgen.
Überhaupt hat der Film einen existenziellen Unterton. In einer Szene sieht Moseby sich ein Footballspiel im Fernsehen an. Seine Frau fragt ihn: "Wer gewinnt?", und er antwortet:
"Keiner. Die eine Mannschaft verliert nur langsamer."

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Mittwoch, 7. September 2011

Tactics (41)

Black to move wins in Kamsky - Svidler (Kanthy Mansyisk 2011):




Solution (2/5): 1.- Re2!! (wins the white f-pawn since 2.Qxe2 ist not possible because of 2.- Qg3!) 2.Qc3 Rxf2 3.Nc6 Rxf1+ 0-1

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Donnerstag, 1. September 2011

Unverständlicher Fehler

Großmeister begehen manchmal Fehler, bei denen man sich selbst als Amateur schlecht fühlen würde. Ein solcher Fehler ereignete sich in der Schnellschachpartie (10+10) Bacrot - Robson (Kanthy Mansiysk 2011). Schwarz war in der Diagrammstellung am Zug:






Robson spielte jetzt 87.- h2?? Ein kapitaler Fehler. Mit 87.- Kg2! 88.Tg6+ Kf1! 89.Kf3 h2 wäre das Remis klar gewesen. 88.Tg6+ Kh3 89.Kf2 h1-S+ 90.Kf3 Kh2 91.Tg7 und der Springer ist weg 1-0


Eine fast identische Stellung gibt Mark Dvoretzky in der "Endspieluniversität" [1] :



Er schreibt, dass man sich die Position "unbedingt merken sollte". Zu dem Zug, den Robson in analoger Stellung spielte, heißt es: "Trostlos ist 1.- a2? 2.Tb8+ Ka3 3.Kc2! a1-S+ 4.Kc3 Ka2 5.Tb7 Zugzwang."


Remis ist (wie oben dargestellt) 1.- Kb2!


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[1] Dvoretzky, Mark: "Die Endspieluniversität", 3. Aufl. 2006, S. 175





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Mittwoch, 24. August 2011

Blunder (24)

In the diagram below you see a position from Arribas Lopez - Ipatov (Barcelona 2011) with Black to move.




Instead of 20.- Bc6 Black played 20.- Rc8?? A not much understandable move on this level. White now simply saced the rook with 21.axb5 Rc1+ 22.Ke2 Rxh1 23.bxa6 and now Black cannot play 23.- bxa6 because of the mate on the back rank.
23.- Qe7 24.Qxb7 Qe8 25.a7 Ra1 26.Qb8 Kf8 27.Nc6 Ra2+ 28.Kd1 f5 29.b4 1-0

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Montag, 11. Juli 2011

Wo Aagaard falsch lag

In seinem Buch "Inside the Chess Mind" (2004) lässt Jakob Aagaard Testpositionen von Schachspielern lösen, die währenddessen in ein Mikrofon sprechen und dabei ihre Gedanken mitteilen. Ein interessanter Versuch, denn auch die GMs Heine-Nielsen und Jussopov sind dabei. Testposition 8 mit Schwarz am Zug sieht so aus:




Das ist eine Theoriestellung aus der Slawischen Verteidigung. Heine-Nielsen und Jussupov lösten die Aufgabe mit dem Damenopfer 1.- dxc3 2.Lxf7+ Kxf7 3.Dxd8 cxb2, da ihnen die Stellung bekannt war. Die anderen Probanden wollten Züge wie Sg4, Lb4 und Le7 spielen (ich habe anhand des Buches auch mitgelöst und entschied mich für 1.- Lb4; allerdings hätte ich mehr Zeit gebraucht als die vorgegebenen 12 Minuten; das Damenopfer hätte ich am wenigsten gespielt, da es sehr spekulativ ist).

Aagaard selber hält das Damenopfer für nicht vorteilbringend und schreibt Folgendes:






Dass 10.Sf3 forciert sei, ist aber falsch, denn das Figurenopfer 10.e6 ist sehr stark (Diagramm):




Ich will die Stellung hier nicht analysieren, aber Weiß steht gut genug. Die beste Möglichkeit für Schwarz ist hier 10.- Lxe6 11.Lxe6 Se5 (10.- Dxh4 ist weniger gut wegen 11.exf7+ Kd8 12.Dxd4+ Sd7 13.Le2!).



Worum es mir geht, ist anzusprechen, dass in der heutigen Zeit viele (auch GMs) ihre Analysen zu sehr nach Computern richten. Dies hat den Nachteil, dass sie irgendwann obsolet werden, wenn bessere Computer entwickelt werden. Im Test von Aagaard löste auch Fritz 8 mit, der Sg4 favorisierte. Nur ist Fritz 8 heute eine Maschine aus der Steinzeit. Die von mir angeführte Variante mit 10.e6 stammt von Houdini 1,5 und wird mit 0.00 bewertet.



Houdini hält das von Heine-Nielsen und Jussopov vorgeschlagene 9.- dxc3 für den besten schwarzen Zug (- 0.43).
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Dienstag, 14. Juni 2011

Schlechtes Zeitmanagement – dann noch Glück

Hier mal eine Partie aus der eigenen "Werksammlung". In der Begegnung Proba - Eigemann, J. (Köln 2011) kam es zu folgender Position mit Weiß am Zug:





Die Stellung hatte ich gedanklich schon als Gewinn abgehakt, ohne jedoch eine konkrete Variante angeben zu können. 26.Dxg6+ schien mir offensichtlich, wenngleich ich sagen muss, dass es auch der fehlenden Zeit geschuldet war. Zwar hatte ich noch 15 Minuten, aber warum sollte man gerade an dieser Stelle überlegen, wo ein Bauerngewinn mit Schach möglich war?

Dass ich überhaupt in diese missliche Zeitsituation kam, hängt am schlechten Zeitmanagement. Ein ewiges Problem, zumal dann, wenn man Raucher ist. Schachfreunde kommen diesbezüglich immer mit folgendem Rat: "Dann hör doch mit dem Rauchen auf!" Ein Rat, der wohlgemeint ist, aber den man sich auch selber geben könnte.

Es sind aber nicht nur die Raucherpausen. Man verliert auch Zeit, wenn man zu viele unsinnige Varianten berechnet (ein Fehler, der mir Züge vorher unterlief, wo ich zehn Minuten verplemperte). Zehn Minuten, die mir in dieser Stellung fehlten, denn sonst hätte ich vermutlich



26.Txf6!!

gesehen. Der Zug liegt alles andere als auf der Hand, aber er ist doch klar, wenn man die Idee sieht, die dahintersteckt.

26.- Lxf6

27.Dxg6+ Lg7

27.Ld3!! (Diagramm)





Es wird offensichtlich, dass Schwarz sich von der Drohung Dh7+ und Tf1+ nicht befreien kann. Nach 27.- Db2 28.Dh7+ Kf8 29.Tf1+ Df6 30.Txf6+ Lxf6 31.Df5! verlöre er noch zusätzlich den Läufer.

Aber das sind nur Varianten, die man verpasste. Ich spielte


26.Dxg6+ Tg7


27.Dh5 (hier merkte ich plötzlich, dass mir die Pläne fehlten; 27.e7+ Kh8 28.De4! hätte immer noch gewonnen, mit der Drohung Ld5 und der Turm auf a8 ist nicht zu decken)


27.- Th7


28.e7+? (aus Planlosigkeit wird Hektik) Kh8


29.De2?? (29.Df5) Ld4+


30.Kh1


(Diagramm)



Plötzlich steht Schwarz auf Gewinn. Die Drohung d6-d5 mit Dxh2+ entscheidet. Ich hätte nicht gedacht, dass die grottig stehende schwarze Dame auf b8 noch mal in den Kampf eingreifen würde!

30.- d5! hätte jetzt gewonnen (31.e8-D+ Dxe8 32.Dxe8+ Txe8 33.Lb5 Tb8 34.Tab1 Le5 und Schwarz hat einen gesunden Mehrbauern, -+)

Stattdessen dachte sich mein Gegner, dass man sich vor d6-d5 und dem Damentausch noch die Qualle mitnehmen könnte.

30.- Lxa1?

31.Lb5! (die Rettung)





Hier hätte Schwarz noch die Dame geben können - mit meines Erachtens durchaus guten Chancen (31.- Le5 32.e8-D+ Dxe8 33.Lxe8 Txh2+ 34.Kg1 Txe8 =+)

31.- Txe7
32.Dxe7 Dxb5
33.Txa1 Db2
34.Te1 Tg8
35.De4 Df2
36.g3

remis


Die Partie war nichts für schwache Nerven. Mit besserem Zeitmanagement hätte ich die Sache aber doch gewinnen sollen.

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Montag, 9. Mai 2011

Kramnik gewinnt durch kaputte Uhr

Beim Kandidatenwettkampf in Kazan war Ex-Weltmeister Vladimir Kramnik in seinem Match gegen Teimur Radjabov schon mit einem Bein im Aus, als ihn eine kaputte Uhr rettete. Während der zweiten Blitzpartie sprang die Uhr plötzlich auf 0.0 (siehe Bild):









Die Partie wurde unterbrochen und später weitergeführt. Hier die Abbruchstellung:






Trotz der ungleichfarbigen Läufer gelang es Radjabov als Schwarzem nicht, die Partie nach der Pause zu halten. In folgender Stellung gab er auf:









So stand es 1:1. Die anschließenden beiden Blitzpartien konnte Kramnik für sich entscheiden. Erkennbarerweise nutzte ihm die Uhrenpanne, weshalb in einigen Schachforen schon Verschwörungstheoretiker unterwegs sind, die vermuten, dass die Uhr von russischer Seite ferngesteuert war. Dem können wir uns nicht anschließen, es könnte jedoch sein, dass die in Kazan eingesetzten Uhren zuletzt beim Wettkampf Steinitz vs. Blackburne verwendet wurden.

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Mittwoch, 13. April 2011

Tactics (40)

In the diagram below you see a position from Luch - Bacrot (Bundesliga 2011). White to move. Is it possible to take the pawn on c6 (Rxc6) with ideas of axb4; Rxc8 Rxa4; Bh6?



Solution:



Scroll down










No, it is not possible as the game proves: 28.Rxc6? axb4 29.Rxc8 Rxa4 30.Bh6 Ra8 31.Bxf8 Rxc8 32.Rxc8 Qb7! (32.- f6 33.Bxb4+ =) 33.Re8 Qc6 34.Rb8 Qc7 0-1 (35.Re8/a8 Qc1+ 36.Kg2 Qc6+ wins the rook; but the main point is as follows: 35.Bd6+ Qxb8 36.Bxb8 diagram




36.- b3! and the pawn is unstoppable -+


This game is mentioned in IM Souleidis famous column "Gurken des Wochenendes" ("Trash of the Weekend").[1] In my opinion it does not really qualify since deep calculation is needed here. Good work by Bacrot!


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[1] http://entwicklungsvorsprung.de/?p=2166#more-2166



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Montag, 11. April 2011

Blunder (23)

In the diagram below from Jussupov - Meissner (Bundesliga 2011) with Black to move it is difficult to find a move which is worse than the one that was played.




21.- Qxe4??


This is one of the moves that no one will understand since there is no route to escape for the queen if being attacked. And this can easily be done with


22.f3


1-0


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Donnerstag, 24. März 2011

Missed Defence

It must have been time trouble that Black missed a strong defence in the diagram below from Nisipeanu - Tregubov (Aix-les-Bains 2011).



With his last move 39.Qf2-b2? White threw away the win, but Black didn't notice it and played 39.- Rxe3? and then resigned after 40.Qb8.

Instead 39.- f4! would have made the draw with the perpetual check Qg3+/Qe1+. What a pity!

Dienstag, 22. März 2011

Schach in der Literatur ‒ "End Play" (Harry Kemelman)

"End Play" (1950) aus der Krimirätselsammlung "The Nine Mile Walk" ist eine Geschichte, in der Schach eine hervorgehobene Rolle spielt. Der Leser ist bei dieser Sammlung aufgefordert, an der Lösung der Fälle selbst mitzuwirken, und bei dieser Geschichte "hilft es Ihnen ein wenig, wenn Sie Schach spielen" [1].

Inhalt:

Professor McNulty spielt in dem Arbeitszimmer seines Hauses mit seinem Kollegen Professor Albrecht eine Partie Schach, als er plötzlich mit der Begründung aufsteht, es hätte an der Tür geklingelt. Er geht in die Diele und dann hört man einen Knall. Albrecht sieht nach einer Weile nach ihm (er hatte den Schuss für eine Autofehlzündung gehalten) und findet den erschossenen McNulty auf dem Boden liegend.
Frage: Wer hat McNulty erschossen, oder war es Selbstmord?
(Es ist zu beachten, dass sich der Ablauf der Ereignisse allein auf die Aussage Albrechts stützt.)

Die Polizei hat ein Foto vom Arbeitszimmer gemacht, auf dem auch die Stellung der Schachpartie zu sehen ist, die McNulty und Albrecht gespielt haben:

Die Spielstellung war deutlich zu erkennen, und die geschlagenen schwarzen und weißen Figuren lagen alle in einem Haufen auf der einen Seite des Brettes.
[...]
Die Figuren und ihre Stellungen erinnerten mich an ein bestimmtes Spiel. Dann hatte ich es. "Er hat das Logan-Asquith-Gambit gespielt! Und sogar ganz ausgezeichnet."
"Nie gehört", sagte Nicky.
"Ich kannte es auch nicht, bis McNulty es mir letzte Woche im Universitätsclub gezeigt hat. Er war in Lowensteins "Endspiele" darauf gestoßen. Es wird nur ganz selten gespielt, weil es eine riskante Eröffnung ist."

Es ist fast überflüssig zu erwähnen, dass es weder das Logan-Asquith-Gambit noch einen bekannten Schachspieler namens Lowenstein gibt.
Ein grober Fehler unterläuft Kemelman, wenn er der Meinung ist, man könne anhand einer Stellung beurteilen, wie die Partie vorher verlaufen ist. Auch ist es unwahrscheinlich, dass ein Eröffnungsgambit in einem Endspielbuch behandelt wird.

Aber darauf kommt es in der Geschichte nicht an, wie der Protagonist Nicky Welt feststellt:

"Ich habe nicht über die Figuren auf dem Brett nachgedacht, sondern über die n e b e n dem Brett - über die, die genommen worden sind."
"Und was ist damit?"
"Sie liegen alle auf einer Seite des Brettes, die schwarzen und die weißen."
"Ja, und?"
"Du spielst Schach, wie du schreibst oder Tennis spielst. Bist du Rechtshänder, ziehst du mit der rechten Hand; ebenso schlägst du die Figuren deines Gegners mit der rechten Hand und legst sie neben das Brett. Wenn zwei Rechtshänder wie McNulty und Albrecht miteinander spielen, dann endet die Partie damit, dass die schwarzen Figuren, die Weiß genommen hat, rechts liegen, und die weißen, die Schwarz genommen hat, diagonal entgegengesetzt auch wieder rechts vom Spieler liegen." [...] "Wenn ein Linkshänder einem Rechtshänder gegenübersitzt", fuhr Nicky fort, "dann werden alle geschlagenen Figuren auf einer Seite des Brettes liegen - aber natürlich voneinander getrennt, die schwarzen liegen dicht bei Weiß und die weißen dicht bei Schwarz. Jedenfalls liegen sie bestimmt nicht wirr auf einem Haufen wie auf der Fotografie."

Die Beobachtung, die Nicky Welt macht, ist scharfsinnig und richtig, wobei die Figuren nicht "liegen", sondern "stehen" (hier könnte es sich um einen Übersetzungsfehler handeln). Welt kommt zu der Schlussfolgerung, dass die Stellung nicht durch ein Spiel entstanden ist, sondern aufgebaut wurde, und zwar von Albrecht, nachdem er McNulty erschossen hatte. Eine Schachpartie zwischen den beiden fand gar nicht statt:

"Ich meine", sagte Nicky, "dass Professor Albrecht ungefähr um acht Uhr an McNultys Haustür klingelte, und dass er, als McNulty ihm aufmachte, die Pistole gegen seine Brust presste und abdrückte. Danach gab er dem Toten die Pistole in die Hand, stieg über die Leiche und stellte in aller Ruhe die immer paraten Schachfiguren nach dem Diagramm eines der vielen Schachbücher von McNulty auf das Brett. Es war die Partie eines Experten; vermutlich stammt sie von Lowenstein."

Hier taucht wieder der Fehler auf, dass man anhand einer Stellung nicht auf den Partieverlauf schließen kann. Es ist auch unwahrscheinlich, dass ein geübter Schachspieler eine Stellung aus einem Buch aufbaut. Er könnte sich ohne Mühe selbst eine realistische aus den Fingern saugen.

Resümee aus schachlicher Hinsicht:

In "End Play" tauchen die üblichen schachtechnischen Fehler auf, die einen Vereinsspieler zur Weißglut bringen. Die Pointe mit den falsch stehenden geschlagenen Figuren ist allerdings äußerst gelungen und auch technisch richtig.

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[1] Die Zitate stammen aus der deutschen Übersetzung von Edda Janus. Leider liegt mir der amerikanische Originaltext nicht vor. Janus hat den Titel "End Play" mit "Die letzte Partie" übersetzt, was nicht zutreffend ist, wenngleich es durchaus einen Sinn ergibt. Es ist zu befürchten, dass diese Freizügigkeit der Übersetzung auch andere Teile des Textes betrifft.

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Sonntag, 20. März 2011

Blunder (22)

In the diagram below you see a position from Spoelman - Krämer (Bundesliga 2011) with Black being a piece up and to move.




Tactical players will notice White's hidden mating motif with Re7-e8 which is not dangerous in the moment since the square e8 is covered two times by the black pieces.


BUT, if Black moves for example 26.- Nd5?? it becomes evident. 26.- Qxa3 would be good. 27.Bxd5 27.Qf5! would now have won on the spot since Bxf5 is not possible (27.- Bxf5 28.Re8#) and the knight d5 is pinned (27.- Nf6 28.Qxa5); 27.- Nd8 28.Rxd7 +- 27.- cxd5 28.Bxc7? Once again Qf5! would be the winner. 28.- Qxc7? 28.- Qxa3 29.Re1 is far better 29.Qf5! Finally White found this move. 1-0


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Mittwoch, 16. März 2011

Best move (6)

Position from Shabalov - Ramirez (Dallas 2011). Which is the best move for Black to play?




Solution: 28.- Nxh2! is best. 29.Kxh2 Bd7 30.Qf3 Qxh4+ 0-1

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Mittwoch, 9. März 2011

Blunder (21)

Position from Robson - Ramirez (Saint Louis 2011, rapid) with black to move:



41.- Bf4 would have been an easy way to draw the game, instead black blundered with 41.- Qc8??

Now white won material with 42.Qd5+ Kh8 43.Bb8! and the pawn queens. It followed 43.- Qa6 44.a8-Q Bf4+ 45.g3 Qxa8 46.Qxa8 Rxb8 47.Qc6 Be5 48.Qxc5 with an easy win (1-0, 67.)

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Sonntag, 27. Februar 2011

Schach in der Literatur ‒ "A Bad Night for Burglars" (Lawrence Block)

Lawrence Block gehört hierzulande zu den weniger bekannten amerikanischen Krimiautoren. Das ist schade, denn er liefert seit Jahrzehnten erstklassige Ware der härteren Gangart. Seine Geschichten sind originell und realistisch, und das ist ein Gütesiegel, das man den wenigsten ausstellen kann. Bei den meisten anderen Autoren hat man den Eindruck, dass sie ihre Ideen aus allen möglichen Quellen beziehen - nur nicht aus dem eigenen Kopf.

Die Kurzgeschichte, die ich hier vorstellen will, heißt "A Bad Night for Burglars" ("Eine schlechte Nacht für Einbrecher"). Sie erschien zuerst 1977 in Ellery Queen's Mystery Magazine.


Der Geschäftsmann Arthur Trebizond stellt einen Einbrecher, der in sein Haus eingestiegen ist. Trebizond hat einen Revolver und so kann er dem Einbrecher das Brecheisen abnehmen. Es entwickelt sich ein Gespräch, in dem Trebizond den Einbrecher fragt, was er denn außer Stehlen noch könne. Dieser antwortet, dass er ganz gut Schach spiele.
Trebizond fordert den Einbrecher zu einer Partie auf und sie beginnen zu spielen.

Sie spielten in der Eingangshalle. Der Einbrecher nahm in der ersten Partie die weißen Steine und eröffnete mit dem Königsbauern. Er spielte eine einfallsreiche Variante im Spanier, abert im sechzehnten Zug konnte Trebizond einen Turm für einen Springer gewinnen, und nicht lange danach gab der Einbrecher auf.
Im zweiten Spiel hatte der Einbrecher Schwarz und erwiderte mit Sizilianisch. Er spielte eine Variante, die Trebizond nicht kannte. Das Spiel war lange Zeit ausgeglichen, dann gelang es dem Einbrecher im Endspiel, einen Freibauern zu bilden. Als abzusehen war, dass er sich in eine Dame verwandeln würde, kippte Trebizond seinen König um und gab auf. [1]

Als sie eine dritte Partie beginnen wollen, kommt Trebizonds Frau zur Tür herein. Nach einem kurzen Wortwechsel erschlägt Trebizond sie mit dem Brecheisen. Danach erschießt er den Einbrecher mit dem Revolver. Der Polizei wird er später erzählen, er hätte den Einbrecher in Notwehr erschossen, nachdem dieser seine Frau erschlagen hatte. Dabei hatte er die Anwesenheit des Einbrechers berechnend dazu benutzt, den Mord an seiner Frau zu verschleiern.

Die Kurzgeschichte ist intelligent konstruiert und logisch nachvollziehbar. Die gute Darstellung der beiden Schachpartien zeigt, dass Block auch im Detail akribisch ist. Wenngleich "A Bad Night for Burglars" nicht zu den besten Geschichten Blocks zählt (die Motivation Trebizonds, seine Frau umzubringen, wird nicht herausgearbeitet), ist er ein Mann, dem man vertrauen kann.

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[1] Übersetzt aus Lawrence Block: "Enough Rope", HarperCollins 2003, S. 7. Übersetzung von spr.

Freitag, 11. Februar 2011

Ein brillianter Zug

Bloß keine Phrasen, keine Pflegerschen Apercus und Bonmots - das ist ein Grundsatz dieses Blogs.
Dennoch kommt man manchmal nicht umhin, eine Sünde zu begehen und etwa vom "Spiel der Könige" zu reden. In der Stellung, die ich unten vorstelle, kam mir diese Formulierung ernsthaft in den Sinn, da sie doch beweist, dass Schach einen höheren ästhetischen Wert hat als etwa Skat oder Mau Mau.


Im Diagramm aus Korobov - Vocaturo (Moskau 2011) machte Weiß einen wahrhaft "königlichen" Zug:




18.Td8!

Köstlich. Die Pointe liegt in 18.- Txd8? 19.Df7+ Kh8 20.De7! (die Dame bedroht den Springer c5 und den Turm d8, was gleichzeitig Matt droht; zudem ist Sf7+ möglich; diese Stellung ist nicht mehr zu halten)


War Td8 ein Zug, der auf der Hand lag? In der Ausgangsstellung fällt auf, dass sich die schwarzen Figuren fast alle am Damenflügel aufhalten (die Dame auf a6 hat gar nur das Feld b6 zur Verfügung). Die untere Darstellung verdeutlicht diesen Sachverhalt:





Die gelb eingefärbten Felder zeigen die maximale Reichweite der schwarzen Figuren (vom Turm auf f8 abgesehen). Sie reichen nicht über die d-Linie hinaus. Dies ist fast immer ein Signal für die angreifende Partei, gegen den gegnerischen König tätig zu werden. Allerdings hat Weiß auch nur drei Figuren im Einsatz (der Läufer auf g2 steht etwas ungünstig, kann aber über h3 eingreifen). Weiß hat den Willen etwas zu tun - und das bevor ein schwarzer Springer auf d3 erscheint! (18.Sg6 hxg6 19.Dxc5 wäre eine zu zahme Abwicklung, die nur Ausgleich bringt.)



18.Td8! fxe5 (der einzige gute schwarze Zug) 19.Txf8+ Kxf8 20.f4! (dieser Zug muss kommen, sonst läuft der Angriff leer) Ke7







Hier zog Korobov leider etwas ungenau 21.fxe5, wonach er die Partie dennoch gewann, stärker war aber 21.Dxe5!, etwa 21.- Sd3 22.Dxg7+ mit schon zwei Bauern für die Figur und anhaltendem Druckspiel + der Bauer h7 fällt. Der Computer bewertet die Stellung mit +2,1.


Die Partie zeigt, dass man den richtigen Riecher haben muss, "wann etwas geht".

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Mittwoch, 9. Februar 2011

Tactics (39)

Position from Smyth - Helms (New York 1915) [1] with Black to move and win.




Solution: 22.- Qg2+!! (the real deal!) 23.Kxg2 Rxg3#
22.- exf5 would also have won, but not that crushing.


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[1] An interesting article by Edward Winter can be found here: http://www.chessbase.com/newsdetail.asp?newsid=6998
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